Attraktivität stärkt Wirtschaft

in einem gemeinsamen Statement zu schädlichen Auswirkungen des Verkehrskonzeptes MoV35 stellt die IHK Marburg gewagte Behauptungen auf.

So könnten die vorgesehenen Maßnahmen dazu führen, dass Einzelhandel und Dienstleister in der Innenstadt erhebliche Umsatzeinbrüche verzeichnen werden, die Marburger Innenstadt an Attraktivität verliert und in der Konsequenz der Online-Handel und umliegende Städte davon profitieren werden. Außerdem entstünden erhöhte Kosten für Endkunden im Bereich Dienstleistungen und Handwerk.

Es würden höhere CO2-Emissionen durch die Einpendler aufgrund längerer Anfahrtswege entstehen und die Gewinnung von qualifizierten Arbeitskräften würde aufgrund längerer Anfahrtswege zum Arbeitgeber in erheblichem Maße erschwert. Eine angeblich erschwerte Erreichbarkeit der Unternehmen und Arbeitgeber würde zu einer nachhaltigen Schwächung der regionalen Industrie führen.

Allgemein würden die Strukturen der Wirtschaft nachhaltig geschädigt.

Lediglich die fachliche Unterfütterung dieser Behauptungen bleiben sie schuldig.
Nun, das ist kein Wunder, denn es gibt keine Belege. Weder für die konstruierten Szenarien noch für deren Auswirkung. Im Gegenteil! Es gibt es eine Menge Erfahrungsberichte, Untersuchungen und Studien, die zeigen, dass eine weniger autogerechte Verkehrsplanung die lokale Wirtschaft stärken kann. Bei der Recherche hat mir übrigens der KI-Assistent von OpenAI geholfen.

Als mögliche Vorteile für die lokale Wirtschaft gelten

Attraktivität der Innenstadt
Eine verkehrsberuhigte Innenstadt kann attraktiver für Fußgänger und Radfahrer werden, was wiederum zu einer höheren Besucherfrequenz und längeren Aufenthaltszeiten führen kann. Wenn Menschen sich wohler fühlen, bleiben sie länger und geben mehr Geld aus. Fußgänger- und Fahrradfreundlichkeit kann mehr Menschen in die Innenstadt locken, die dort einkaufen und Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Verbesserungen der Luftqualität und weniger Lärm können die Innenstadt als Wohn- und Geschäftsstandort aufwerten.

Nachhaltiger Tourismus
Eine umweltfreundliche Mobilitätspolitik kann Touristen anziehen, die Wert auf Nachhaltigkeit legen.

Geringere Betriebskosten
Weniger Autoverkehr kann zu geringeren Kosten für die Instandhaltung von Straßen und Infrastruktur führen.

Das gilt für die Zentren der Großstädte genauso wie für kleiner Städte wie Marburg.

Beispiele aus kleineren Städten

  1. Münster, Deutschland:
    • Münster hat etwa 310.000 Einwohner, aber seine Erfahrungen sind dennoch relevant für kleinere Städte. Münster hat ein umfangreiches Radwegenetz und fördert den Radverkehr intensiv. Eine Studie der Stadt Münster zeigte, dass Fahrradfahrer häufiger in die Innenstadt kommen und dort einkaufen. Dies trägt zur Belebung der Innenstadt und zur Unterstützung der lokalen Geschäfte bei.
  2. Freiburg im Breisgau, Deutschland:
    • Mit etwa 230.000 Einwohnern hat Freiburg ein umfassendes Verkehrskonzept umgesetzt, das den Autoverkehr reduziert und den öffentlichen Nahverkehr sowie den Radverkehr fördert. Die autofreie Altstadt und die verbesserten Bedingungen für Radfahrer und Fußgänger haben die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt erhöht und zur Attraktivität der lokalen Geschäfte beigetragen.
  3. Groningen, Niederlande:
    • Groningen hat rund 230.000 Einwohner und ist bekannt für seine fahrradfreundliche Infrastruktur. Die Stadt hat den Autoverkehr aus dem Stadtzentrum weitgehend verbannt und ein Netz von Fahrradwegen geschaffen. Dies hat nicht nur die Umweltbelastung reduziert, sondern auch die Attraktivität des Stadtzentrums für Einkäufe und Freizeitaktivitäten erhöht, was der lokalen Wirtschaft zugutekommt.
  4. Lund, Schweden:
    • Mit etwa 92.000 Einwohnern hat Lund ein nachhaltiges Verkehrskonzept umgesetzt, das den Rad- und Fußgängerverkehr fördert. Die Innenstadt von Lund ist weitgehend autofrei, was die Lebensqualität verbessert und den Einzelhandel unterstützt. Untersuchungen zeigen, dass die Aufenthaltsdauer der Besucher in der Innenstadt gestiegen ist, was zu höheren Umsätzen führt.
  5. Cambridge, Großbritannien:
    • Cambridge hat rund 130.000 Einwohner und fördert intensiv den Radverkehr. Durch die Reduktion des Autoverkehrs in der Innenstadt und die Schaffung von Radwegen hat sich die Attraktivität der Innenstadt gesteigert. Studien zeigen, dass der Einzelhandel von der höheren Besucherfrequenz profitiert.

Quellen Cambridge:
https://assets.publishing.service.gov.uk/media/5a74ad3aed915d7ab83b5a59/value-of-cycling.pdf
https://tfl.gov.uk/corporate/publications-and-reports/economic-benefits-of-walking-and-cycling
https://content.tfl.gov.uk/walking-cycling-economic-benefits-summary-pack.pdf
https://bikeleague.org/sites/default/files/Bicycling_and_the_Economy-Econ_Impact_Studies_web.pdf
https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.3141/2468-06
https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3802082

Gerne wird behauptet, dass eine Verkehrsberuhigung der Innenstädte zu einer Abwanderung der Kunden zum Online-Handel führt.
Nun, der Onlinehandel ist bereits der „Feind“ Nummer eins des lokalen Einzelhandels. Es gilt also, Veränderungen des Status quo mutig anzugehen, anstatt an Altbewährtem festzuhalten.

Titelbild: https://qimby.net/image/City-Logistik-Lastenrad-%28DHL%29.lJRI

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